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21.

Dec 2014

~nia

Zero at the Bone / Eiskalt bis ins Mark

Bis vor Kurzem war Jack Francisco ein auf Gesichtsrekonstruktionen spezialisierter Chirurg. Doch seit er auf dem Heimweg vom Krankenhaus im Parkhaus einen Mafiamord beobachtet, hat sich sein Leben drastisch geändert. Nun ist Jack Kronzeuge im Prozess gegen die Mörder, trägt einen neuen Namen und das Zeugenschutzprogramm hat ihn nach Las Vegas verschlagen. Als könnte sein Leben nicht noch komplizierter werden, wird ein Killer auf ihn angesetzt.

D. ist dieser Killer. Er wird von Unbekannten erpresst, Jack umzubringen. Auch wenn D. den Ruf hat, eiskalt zu sein, bringt er unschuldige Menschen normalerweise nicht um. Und doch scheint D. dieses Mal keine Wahl zu bleiben. Wirklich keine? Als D. Jack in Las Vegas gegenübersteht, bringt er es nicht über sich, diesen Mann umzubringen. Stattdessen nimmt sich D. Jacks an und so sind plötzlich zwei ungleiche Männer auf der Flucht vor verschiedensten Verfolgern. Da sind die Mafiabrüder, die Jack wirklich gerne eliminiert hätten, die Unbekannten, die anscheinend eine Rechnung mit D. offen haben und die Polizei und das Zeugenschutzprogramm, welche eindeutig infiltriert sind.

Als wäre alles nicht schon verzwickt genug, entspinnt sich bald eine vorsichtige Freundschaft zwischen den beiden, die schnell von Anziehungskraft und Begehren verkompliziert wird. Und dabei sind Jack und D. so verschieden wie Feuer und Wasser...

Zero at the Bone / Eiskalt bis ins Mark von Jane Seville wurde mir nicht nur von einer, sondern gleich von mehreren Onlinefreundinnen empfohlen. Bei so viel Vorablob musste ich dann doch selbst gucken, was an der Geschichte dran ist. Und tatsächlich hat mich Zero at the Bone / Eiskalt bis ins Mark völlig umgehauen. Das Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Sekunde. Hinzu kommt, dass Jack und D. beide extrem faszinierende Charaktere sind:
Jack ist der erfolgreiche Arzt, der sich durch zwei verschiedene Spezialisierungen (Zahnmedizin und Chirurgie) hindurchgebissen hat und plötzlich ohne seinen Traumjob und sein Leben dasteht. Dass Jack schwul ist, hat ihn bislang nie in Schwierigkeiten gebracht, doch die aufkeimende Begierde für D. bringt Jack in mehr als einer Hinsicht in Teufelsküche...
D. ist der geheimnisvolle Killer, der einmal in der Armee war und auf mysteriöse Weise vom rechten Weg abgekommen ist. Seine geistige Gesundheit bewahrt er sich bei seinem Job auf zwei Weisen: seit Jahren schon schottet er sich von allen Gefühlen ab und außerdem sucht er sich nur Opfer aus, die aufgrund von Raub, Mord, Vergewaltigung und ähnlichen Sünden eine Bestrafung verdient haben. Dass es eigentlich nicht an ihm ist, Richter und Henker in einer Person zu spielen, weiß er natürlich, ignoriert das aber bewusst. Womit D. überhaupt nicht gerechnet hat, ist, dass Jack in der Lage ist, seine innerlichen Schutzwälle zu überwinden. Hinzu kommt eine sexuell Anziehungskraft, die für zusätzliche Explosionskraft zwischen ihnen sorgt...

Ja, Jack und D. waren zwei Protagonisten nach meinem Geschmack. Doch an Zero at the Bone / Eiskalt bis ins Mark haben mir andere Sachen noch besser gefallen. Da ist die Tatsache, dass auch Frauen hier eine große Rolle spielen. Um niemandem den Spaß an der Geschichte zu verderben, kann ich hier leider nicht in Details gehen. Aber lasst euch gesagt sein, dass in Zero at the Bone / Eiskalt bis ins Mark kaum einer der ist, der er zu sein scheint. Die Autorin, Jane Seville, zeigt hier mehr als einen genialen Handlungskniff und ich habe lange kein Buch mehr gelesen, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse solch Varianten an Grauschattierungen boten.

Etwas gewöhnungsbedürftig für den Leser ist D.s Sprachduktus. Ich habe das Buch im Original gelesen und da hat es schon ein paar Seiten gebraucht, bis ich sein yer, ya, ta, a, fer und was nicht alles denn entsprechenden Worten zu geordnet hatte. Interessehalber habe ich auch in die Leseprobe der Übersetzung reingelesen und auch hier wird schnell deutlich, dass D. kein Hochdeutsch spricht. Dennoch sollte man ihn nicht unterschätzen. D. ist extrem schlau und ganz sicher nicht ungebildet. Doch das zeigt sich nicht auf den ersten Blick, was es für den Leser interessanter macht und auch Jack erst lernen muss.

Ursprünglich hatte die Autorin einen Teil der Geschichte als Brokeback Mountain Fanfiction geschrieben. Das gibt es auch immer noch online zu finden und nach dem Reinlesen in mehrere Kapitel kann ich sagen, dass sich beide Geschichten sehr deutlich voneinander unterscheiden und ich demnach kein Problem damit habe, dass die Autorin ihre Geschichte noch einmal komplett umgeschrieben hat und dadurch etwas wirklich eigenständiges entstanden ist.
Ach ja, Jane Seville hat aber noch eine Menge anderer Fanfiction geschrieben. Ihr Internetpseudonym dafür ist Mad_Lori und meine nächste Rezension wird sich mit einem ihrer brillanten Fanfiction-Werke beschäftigen. Wer schon mal einen Blick riskieren will, hier ist ihr AO3-Profil.

Zero at the Bone / Eiskalt bis ins Mark war jedenfalls ein fantastisches Lesevergnügen und ein Buch, welches ich vermutlich nicht zum letzten Mal gelesen habe. Ich hoffe, Jane Seville macht ernst und schreibt irgendwann noch eine Fortsetzung. Kleinere Kurzgeschichten zu Jack und D. finden sich auf ihrer Homepage und man kann buchstäblich den Ärger am Horizont aufziehen sehen...

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